Finanzielle Mehrausstattung und Strukturreformen als Gesamtpaket gefordert – Landrat Gruber: „Bürokratieabbau erfordert auch Mut zu mehr Selbstverantwortung“
Die Forderung nach tiefgreifenden Strukturreformen als unabdingbare Begleitung einer besseren Finanzausstattung der Kommunen standen am gestrigen Donnerstag im Mittelpunkt der Tagung des Bezirksverbands Niederbayern im Bayerischen Landkreistag. Beim Treffen der niederbayerischen Landräte im Granitzentrum Bayerischer Wald (Hauzenberg, Landkreis Passau) machte der Bezirksvorsitzende Landrat Sebastian Gruber (Freyung-Grafenau) mit Blick auf eine künftige Bundesregierung deutlich, dass „mehr frisches Geld für die Kommunen unbedingt auch mit dem Willen verbunden sein muss, Standards zu überprüfen und Bürokratie gezielt abzubauen; ganz im Sinne einer grundsätzlichen Staatsreform auf Bundesebene“. Dies sei mit der Forderung der bayerischen Landkreise an die neue Bundesregierung mit der Überschrift „Neustart jetzt“ prägnant auf den Punkt gebracht.
Ein ganz wesentlicher Aspekt aus der Sicht der Kommunalen Familie: „Wer anschafft, muss auch bezahlen“, waren sich die Landräte im Granitzentrum Hauzenberg einig. Gerade die Bundes-Gesetzgebung in der Jugendhilfe bürde den Landkreisen immer neue finanzielle Leistungen auf, für die es aber keinen Ausgleich gebe. Der Passauer Landrat Raimund Kneidinger konkretisierte das mit Zahlen: Der Bereich der Jugendhilfe sei hier binnen weniger Jahre von 10 auf jetzt nahezu 26 Millionen Euro gestiegen – „Geld, das uns an vielen anderen Stellen dringend fehlt“.
Eine dieser kommunalen Baustellen ist die Gesundheitsversorgung. So fordern die Landräte konkret einen unverzüglichen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser. Hier gelte wie für die Infrastruktur generell im kommunalen Bereich, dass ein „wesentlicher Teil des angekündigten Sondervermögens direkt an die Kommunen fließt, um die hochqualitative Gesundheitsversorgung der Krankenhäuser unter kommunaler Trägerschaft vor Ort weiterhin zu gewährleisten“, so Sebastian Gruber. „Hier heben die niederbayerischen Landkreise ganz klar den Finger.“ Andrea Degl, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags, benannte die bayerischen Teilnehmer an den laufenden Koalitionsgesprächen als Adressaten für die Forderungen der Landkreise. Und: „Der Gesetzgeber wäre gut beraten, vorher mit uns zu reden und unsere Praxiserfahrung einfließen zu lassen.“ Für den niederbayerischen Regierungspräsidenten Rainer Haselbeck war es wichtig, die Rolle der Behörden beim Bürokratieabbau einzuordnen: „Die Behörden wollen und fordern den Bürokratieabbau.“ Dazu bestehe große Einigkeit und ebenso die Bereitschaft, mit weniger Bürokratie auch mehr Selbstverantwortung zuzulassen.
Als eine „Mutmacher-Initiative“ bezeichnete der niederbayerische Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich ein Projekt, das im Rahmen der Landrätetagung einen wichtigen Platz einnahm: „HeimatUnternehmen“ ist eine bayernweite Initiative, unterstützt vom Amt für Ländliche Entwicklung. Die Projektteams in 13 Regionen (in Niederbayern Bayerischer Wald und Isar-Inn) sind Ansprechpartner für Menschen, die mit Herzblut bei der Sache sind, die umsetzen, gestalten und gründen, um die eigene Region zu bereichern. Wer sich der Herausforderung stellt, daheim auf dem Land und für das Land ein Projekt oder eine Geschäftsidee umzusetzen, findet bei „HeimatUnternehmen“ die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen bzw. in der Gemeinschaft gemeinnützige Projekte in der Region zu unterstützen. Passende Projekte können – je nach Bedarf – durch die „Heimatentwicklerinnen“ auf dem Weg zum Ziel beratend begleitet werden. Schwerpunkte sind u.a. Digitalisierung, Leerstands-Management, Dorfentwicklung etc. Konkrete Beispiele erläuterten hierzu die „Heimatentwicklerinnen“ Lisa Späthe und Lisa Ditz (Bayerischer Wald) und Regina Westenthanner (Isar-Inn).
Teilnehmer der Landrätetagung:
Landräte-Sprecher Sebastian Gruber (Freyung-Grafenau)
Landrat Bernd Sibler (Deggendorf)
Landrat Michael Fahmüller (Rottal-Inn)
Landrat Werner Bumeder (Dingolfing-Landau)
Landrat Raimund Kneidinger (Passau)
Landrat Josef Laumer (Straubing-Bogen)
Landrat Peter Dreier (Landshut)
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich
Regierungspräsident Rainer Haselbeck
Andrea Degl (Geschäftsführendes Präsidialmitglied Bayerischer Landkreistag)
Heimatentwicklerinnen der Initiative „HeimatUnternehmen“:
Lisa Späthe (HeimatUnternehmen Bayerischer Wald) BLOND
Lisa Ditz (HeimatUnternehmen Bayerischer Wald)
Regina Westenthanner (HeimatUnternehmen Isar-Inn)
Bildunterschrift:
Vor der Front des Granitzentrums Bayerischer Wald in Hauzenberg (v.r.):
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Landrat Raimund Kneidinger (Passau), Landräte-Sprecher Sebastian Gruber (Freyung-Grafenau), Regierungspräsident Rainer Haselbeck, Landrat Peter Dreier (Landshut), Landrat Michael Fahmüller (Rottal-Inn), Andrea Degl (Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistages), Landrat Werner Bumeder (Dingolfing-Landau), Landrat Bernd Sibler (Deggendorf) und Landrat Josef Laumer (Straubing-Bogen).
(Foto: Landratsamt Passau)