26.02.2022 - „Mulchen ist nicht unser Weg“

 

Mahdmethode und Nährstoffanreicherung schlecht für Insekten und die Artenvielfalt

 

Es ist zweifellos ein schwieriges Thema: Welche Maßnahmen sind für den Umweltschutz sinnvoll, welche sind vielleicht gut gemeint, aber kontraproduktiv? Aus aktuellem Anlass weisen die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Rottal-Inn und die Stadt Pfarrkirchen darauf hin, dass das Mulchen von Flächen in Bezug auf den Umweltschutz  eindeutig zu den kontraproduktiven Maßnahmen gehört. Hintergrund ist, dass in einem Zeitungsartikel jüngst darüber berichtet wurde, dass auf einigen Streuobstwiesen ein neues Projekt zur Kompensation von CO2 durchgeführt wird, indem der Baumbestand durch Nachpflanzungen verdichtet und durch das „Einmulchen“ des gemähten Grases CO2 in der Humusschicht gespeichert wird. Letzter Punkt ist in Bezug auf den Artenschutz jedoch ein äußerst zweischneidiges Schwert.

 

Der Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Rottal-Inn schließt sich auch die Stadt Pfarrkirchen an und erläutert die Gründe:

„Mulchen bedeutet, dass beim Mähen das Mahdgut gleichzeitig abgeschlagen, zerkleinert und anschließend auf der Fläche verteilt wird. Für die Biodiversität, sprich, für die Vielfalt an Pflanzen und Tieren, insbesondere aber an Insekten, ist eine solche Maßnahme jedoch äußerst schädlich. Zum einen werden bei dieser Art des Mähens sämtliche  im Aufwuchs befindlichen Lebewesen getötet, daher gilt die Mulchmahd auch als die tierschädlichste der möglichen Mähtechniken. Zum anderen ist auch die Nährstoffanreicherung des Bodens vielleicht gut für die Bäume selbst, jedoch sehr schlecht für die meisten anderen Pflanzen und Insekten – das Artenspektrum auf einer solchen Wiese verschiebt sich zugunsten von „Allerweltsarten“ und konkurrenzstarker Gräser. Blütenreiche Wiesen als Nahrungsquelle für Insekten verschwinden.“ Das Landratsamt spricht sich daher eindeutig für eine schonende Mähmethode wie z. B. die Verwendung von Balkenmähern mit anschließender Entfernung des Mahdgutes und klar gegen das Mulchen aus. Landrat Michael Fahmüller: „Der Landkreis Rottal-Inn setzt sich seit Jahren, spätestens seit dem Beschluss zum insektenfreundlichen Landkreis, für Artenvielfalt, Biodiversität und Nachhaltigkeit ein. Bei der Pflege unserer Grünflächen achten der Landkreis und die Kommunen schon lange auf ökologische Verträglichkeit, ohne natürlich dabei andere wichtige Faktoren wie beispielsweise die Verkehrssicherheit zu vernachlässigen, was zum Beispiel an Straßenrändern essentiell ist. Die Kompensation von CO2 ist ein wichtiger Faktor für unser Klima, jedoch darf dies nicht auf Kosten der Artenvielfalt geschehen.“

 

 „Uns erreichen bereits Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die wissen wollen, ob das Mulchen sinnvoll ist und ob sie das in ihren Gärten auch machen sollen“, erklärt Pfarrkirchens Bürgermeister Wolfgang Beißmann. „Hier möchte ich ganz klar sagen: Für uns ist Mulchen nicht der richtige Weg, wenn es um den Umweltschutz als Ganzes, wie auch die Förderung der Artenvielfalt geht. Wir setzen hier ganz im Gegenteil unter anderem auf entsprechende Mähtechniken sowie auf einen Flächenumbau, bei dem auf unseren Ausgleichsflächen teilweise mit erheblichem Aufwand Humus abgetragen wird, um einen für die Biodiversität wichtigen, nährstoffarmen Boden zu bekommen. Der Humus wird dann der Landwirtschaft für deren Zwecke zur Verfügung gestellt – so funktioniert ein sinnvoller Kreislauf!“ Bauhofleiter Siegfried Waschlinger ergänzt: „Man muss hier freilich zwischen der ökologischen Sinnhaftigkeit und dem landwirtschaftlichen Nutzen unterscheiden. Für landwirtschaftliche Ertragsflächen ist hochwertiger Hummus notwendig, nicht aber für ökologische Ausgleichsflächen.“

 

 

BU: Extensiv bewirtschaftete Streuobstwiesen sind wichtiger Lebensraum für unsere heimische Tier- und Pflanzenwelt und Hotspot der Artenvielfalt.