07.02.2023 - Tagesmutter als Alternative zum Kindergarten

Landratsamt Rottal-Inn weist auf Möglichkeiten zur beruflichen Umorientierung hin – Unterstützung durch die Fachberatung für Kindertagespflege – Langjährige Tagesmutter im Interview

 

Personalnöte in Kindertageseinrichtungen wie Kindergärten und Kinderkrippen und damit verbunden Betreuungsengpässe sind auch in unserer Region an der Tagesordnung. Eine Alternative für die Betreuung von Kleinkindern stellt die Kindertagespflege dar, auch bekannt als Betreuung durch Tagesmütter oder Tagesväter.

 

Interview

Aktuell sind im Landkreis Rottal-Inn 14 Kindertagespflegepersonen aktiv. Eine davon ist Christl Kerscher. Die 65-Jährige aus dem Gemeindegebiet Massing ist inzwischen seit 1999 als Tagesmutter tätig. „Damals gab es noch keinerlei Kinderkrippen oder Hausaufgabenbetreuungen, daher war die Nachfrage sehr groß“, erinnert sich Kerscher. In den 24 Jahren ihrer Tagesmuttertätigkeit hat sie insgesamt 193 Mädchen und Jungen im Alter bis fünf Jahre betreut - einige Kinder nur für ein paar Wochen über die Ferien, die meisten davon aber für zwei bis drei Jahre. Pro Tag betreut sie bis zu fünf gleichzeitig anwesende Kinder. „Das ist auch der große Vorteil daran. Die Gruppengröße erlaubt es, dass man individueller auf die Kinder eingeht. Zudem ist kein Wechsel der Bezugsperson gegeben, sodass man schneller und intensiver eine Verbindung aufbauen kann“, so Christl Kerscher. Als weiteren Vorteil sieht sie auch die Tatsache, dass sie selbst bestimmen kann, zu welchen Zeiten eine Betreuung stattfindet und wie viele Kinder betreut werden.

„Natürlich hat man auch eine große Verantwortung, aber es gibt für mich nichts Schöneres, als Kinder in ihrer Entwicklung begleiten zu dürfen und sich über ihre Fortschritte freuen zu können“, erklärt die erfahrene Tagesmutter. Auf die Frage, welche Voraussetzungen man neben geeigneten räumlichen und örtlichen Gegebenheit mitbringen sollte, sagt Kerscher: „Liebe zu den Kindern, Freude an dieser Art der Arbeit und Humor.“ – „Ab und an auch gute Nerven“, ergänzt sie schmunzelnd. „Wenn mich die Kinder von damals, die heute teilweise schon wieder selbst Familien haben, besuchen oder ich Ehemalige treffe, werden schöne Erinnerungen wach und wir lachen über Geschichten von damals“, so die Tagesmutter.

Gemeinsam mit ihrer Tochter hat Christl Kerscher ihre Kindertagespflege neun Jahre lang als sogenannte Großtagespflege betrieben. Das bedeutet, dass gleichzeitig bis zu zehn Kinder betreut werden dürfen. Voraussetzung für eine Großtagespflege ab neun Kindern ist, dass mindestens eine Betreuungsperson eine pädagogische Ausbildung als Fachkraft nachweisen kann. Im Fall von Frau Kerscher und ihrer Tochter waren sogar zwei Erzieherinnen tätig. „Es hat uns große Freude bereitet, gemeinsam zu arbeiten. In der Einliegerwohnung unseres Hauses und im zugehörigen Garten fühlten sich die Kinder stets sichtlich wohl und konnten sich auch austoben“, so Kerscher, die ergänzt: „Der Nachfrage der Eltern nach einem freien Platz konnten wir gar nicht immer nachkommen.“

 

Voraussetzungen

„Da dieses Angebot der Kinderbetreuung immer beliebter wird, möchten wir gezielt auch diejenigen ansprechen, die überlegen, sich beruflich in diese Richtung zu verändern“, so Isabella Maidl, Fachberaterin für Kindertagespflege am Landratsamt Rottal-Inn. Da die Kindertagespflege seit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2005 eine gleichrangige Form der Kindertagesbetreuung zu regulären Kindertageseinrichtungen, insbesondere für Kinder zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr, darstellt, müssen alle Personen, die als Tagesmutter oder Tagesvater tätig sein möchten, eine entsprechende pädagogische Qualifizierung nachweisen. Diese umfasst sowohl einen Nachweis erzieherischer Kenntnisse und Fähigkeiten wie auch einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind. Eine pädagogische Ausbildung als Grundlage ist nicht erforderlich. Quereinsteiger müssen einen Qualifikationskurs absolvieren, der 160 Unterrichtseinheiten beinhaltet. Auf die Frage, ob man dafür eine Pflegeerlaubnis durch das Jugendamt benötigt, weiß Isabella Maidl: „Wer außerhalb des Haushalts der Erziehungsberechtigten mehr als 15 Stunden pro Woche länger als drei Monate gegen Entgelt Kinder betreut, braucht eine sogenannte Pflegeerlaubnis. Diese erlaubt die Betreuung von insgesamt acht Kindern, fünf davon gleichzeitig anwesend. Die Pflegeerlaubnis ist für fünf Jahre gültig und kann wiederkehrend für weitere fünf Jahre erneuert werden.“ Darüber hinaus müssen alle Bewohner des Haushalts ab 14 Jahren, in dem die Kinder betreut werden, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Die Kosten hierfür werden vom Landkreis erstattet. Ebenfalls benötigen die Kindertagespflegepersonen eine ärztliche Bestätigung, dass sie physisch und psychisch in der Lage sind Kinder zu betreuen und eine Masernimpfung.

Die wichtigste Voraussetzung sind natürlich der Spaß und die Freude am Umgang mit Kindern. „Auf die Kinder soll nicht nur „aufgepasst“ werden, sondern sie sollen in ihrer individuellen Entwicklung unterstützt und gefördert werden“, betont Maidl.

Sehr wichtig sind auch kindgerechte Räumlichkeiten. Entscheidend ist dabei nicht die Quadratmeteranzahl, sondern, dass die Räume sicher und hygienisch sind. Ein eigener Garten, der zum Spielen und Toben genutzt werden kann, ist sicherlich vorteilhaft, aber es können dafür auch nahegelegene Spielplätze genutzt werden.

Die Tagesmutter bzw. der Tagesvater sollte zuverlässig und kooperationsbereit sowie an Fort- und Weiterbildungen interessiert sein. Kindertagespflegepersonen sind in der Regel selbstständig tätig und erhalten für ihre Betreuungsleistungen eine finanzielle Förderung bzw. eine laufende Geldleistung pro betreutem Kind.

 

Unterstützung durch den Landkreis

„Bei Interesse biete ich unverbindliche Informationsgespräche an. Hier erkläre ich, wie der Weg zur Kindertagespflegeperson konkret aussieht, welche Voraussetzungen man mitbringen sollte und beantworte offene Fragen. Sind mehrere Interessenten gleichzeitig vorhanden, biete ich auch Infoveranstaltungen an“, erklärt die Fachberaterin. Selbstverständlich erhält jeder Interessent auch Informationsmaterial in Form von Broschüren sowie eine spezielle Infomappe des Landkreises Rottal-Inn.

Für weitere Fragen stehen Ihnen Isabella Maidl als Fachberatung für Kindertagespflege sowie Barbara Maier und Kornelia Neuhuber für Fragen zur finanziellen Förderung zur Verfügung. Wenden Sie sich gerne per E-Mail an isabella.maidl@rottal-inn.de oder kindertagesbetreuung@rottal-inn.de.

Weitere, ausführliche Informationen erhalten Sie auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales unter www.tagespflege.bayern.de.

 

 

 

 

 

Bild: Bei den Kleinen beliebt: Gemeinsames Lesen am Vormittag. Tagesmutter Christl Kerscher mit einigen betreuten Mädchen und Jungen.