Zur Pressemitteilung der Grünen „Versäumnisse und gravierende Fehler“ nimmt das Landratsamt Rottal-Inn wie folgt Stellung:
„Ich bin fassungslos“, sagt Landrat Michael Fahmüller. „Es ist eine Sache, mich als Politiker zu kritisieren – aber dafür die beinahe übermenschliche, geleistete Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Corona-Krise zu diskreditieren, das geht mehr als einen Schritt zu weit, und ich sage es ganz deutlich: Ich erwarte eine öffentliche Entschuldigung der Grünen-Fraktion bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern!“
Kremsreiter: „Schlichtweg eine Unverschämtheit“
„Ich bin stinksauer über diesen Artikel“, sagt Juristin Eva Kremsreiter, die als Abteilungsleiterin sowohl für das Gesundheitsamt als auch für das Sachgebiet öffentliche Sicherheit und Ordnung verantwortlich ist. „Meine Abteilung, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen seit 1,5 Jahren unter extremer Dauerbelastung in der Bekämpfung der Corona-Pandemie und geben ihr absolut Bestes. Es ist untragbar, wenn in dieser Situation, in der uns die Pandemie gerade wieder alles abverlangt, „gewählte Volksvertreter“, wie sie sich in diesem Artikel so wunderbar kokettierend bezeichnen, die hervorragende Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre politisch-medialen Spielchen in den Dreck ziehen. Das ist nicht nur schlechter Stil, das ist schlichtweg eine Unverschämtheit. Von gewählten Kreisrätinnen und Kreisräten hätte ich eine solche Ungeheuerlichkeit nicht erwartet, egal welcher Partei sie angehören!“ Und weiter: „Uns erreichen täglich Tipps von selbsternannten Corona-Experten, die, offenbar in Unkenntnis der Arbeitsweise eines Regierungs- und Verwaltungsapparates, meinen, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und uns sagen zu müssen, wie wir unsere Arbeit richtig erledigen zu haben. Würden wir diese „Tipps“ alle berücksichtigen, hätten wir schon vor einem Jahr die Pandemiebekämpfung aufgeben können.“
Hofbauer: „Vorwürfe aus der Luft gegriffen“
„Am Montag kennt jeder die Lottozahlen vom Wochenende“, kommentiert Büroleiter Thomas Hofbauer die Pressemeldung der Grünen. „Es ist schon verdammt einfach, im Nachhinein die Arbeit des Landratsamtes im Katastrophenfall zu kritisieren – damit müssen wir leben. Was mich aber besonders ärgert, ist, dass hier munter mit Vorwürfen drauf losgefeuert wird, von denen jeder, der ab und zu mal Nachrichten liest oder anschaut, weiß, dass sie aus der Luft gegriffen sind. Da wird die Reduzierung der Impfkapazitäten im Impfzentrum kritisiert, als wären die Hintergründe hierfür nicht durch die Medien bekannt gewesen. Die Ursache war nicht nur die zeitweise mangelnde Nachfrage durch die Bevölkerung, sondern auch der vom Gesundheitsministerium seinerzeit öffentlich verkündete Auftrag, das Impfgeschehen maßgeblich auf die Arztpraxen zu verlagern. Der Landkreis Rottal-Inn ist nur ein Beispiel für die angepasste bayerische Impfstrategie, denn in ganz Bayern wurden ab September auf Anordnung des Ministeriums Impfzentren geschlossen oder nur noch in personell und räumlich deutlich kleinerer Form weiter betrieben. Das gilt auch für den Bereich der Kontaktermittlung. Ich frage mich, wer wohl als erstes laut schreien würde, wenn wir in Zeiten niedriger Corona-Fallzahlen 50 Leute in der Kontaktermittlung von Steuergeldern zum Däumchen-Drehen bezahlt hätten. Auf die Anforderungen dieser Pandemie muss immer wieder neu reagiert werden, ebenso auf die sich dauernd ändernden politischen Entscheidungen in München und Berlin. Bereits im Sommer wurden diverse Stellenausschreibungen für die Kontaktermittlung veröffentlicht. Ende Oktober haben wir alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Personal aus anderen fachlichen Bereichen der Verwaltung zur Kontaktpersonennachverfolgung abzuziehen. Gleichzeitig wurde bereits externes Personal von anderen Behörden sowie Verstärkung durch die Bundeswehr angefordert, welche nun alle mit vollem Einsatz Kontakte ermitteln. Das Landratsamt ist, insbesondere im Krisen- und Katastrophenfall, die ausführende Behörde vor Ort und an die Weisungen aus München und Landshut gebunden. Wir entscheiden hier doch nicht aus Spaß, Impf- oder auch Testkapazitäten runterzufahren, wir sind an Weisungen und organisatorische Zwänge gebunden, und es ist schwierig genug, diese zu erfüllen. Auch an der Kritik, das Landratsamt hätte zu wenig Werbung für die Impfungen gemacht, zeigt sich ein zweifelhaftes Verständnis der Aufgaben des Amtes: Auf das Impfangebot haben wir hinreichend über alle Medienkanäle hinweg hingewiesen - als ausführende Behörde sind wir, unabhängig von unserer Meinung, aber grundsätzlich auch zu einer gewissen Neutralität verpflichtet. Und auch das sage ich ganz deutlich: Wir haben, soweit es uns irgendwie möglich war, selbst in den größten Phasen der Krise, die Fragen von Kreisräten und Fraktionen schnellstmöglich beantwortet, obwohl ein Krisen- und Katastrophenfall eindeutig nicht in die Zuständigkeit des Kreistags fällt. Bis auf eine Anfrage der SPD-Fraktion kann ich mich jedoch nicht wirklich an entsprechende Fragen zum Pandemiegeschehen erinnern – die werden uns immer erst durch die Medien mitgeteilt.“
Kempf: „Mitarbeiter sind aufgebracht und wütend“
„Die Kritik, die sich zwar vordergründig an den Landrat richtet, aber dann dennoch die Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, geht in allen Bereichen völlig am Ziel vorbei und ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, was sich die Initiatoren dabei gedacht haben“, sagt Pressesprecher Mathias Kempf. „Es fängt damit an: „Der Pressesprecher“– so müsste es richtig heißen, doch offenbar ist für manche der organisatorische Aufbau im Landratsamt auch nach mehreren Jahren und vielen Erläuterungen im Kreistag und in den Medien immer noch ein Buch mit sieben Siegeln – „wisse mehr als alle gewählten Volksvertreter zusammen“. Das wird also angeprangert. Ernsthaft? Mein Team und ich beschäftigen uns gerade momentan wieder beinahe ausschließlich mit dem Thema Corona. Unsere Mitarbeiterinnen sitzen oft bis spät in die Nacht noch vor PC und Handy, um Anfragen in den sozialen Medien zu beantworten oder um Hass und Hetze zu unterbinden. Wir fangen morgens um 6 oder 7 Uhr, meist noch bevor wir ins Büro fahren, immer auch am Wochenende, an, uns über die aktuelle Situation zu informieren und hören erst vor dem zu Bett gehen damit auf – wenn überhaupt. An manchen Tagen erreichen mich mehrere Fragenkataloge der PNP zum Thema Corona, die wir versuchen, so schnell als möglich zu beantworten, das werden die Redakteure der PNP sicher gerne bestätigen. Unvermittelt ruft der Bayerische Rundfunk für ein Live-Interview im Radio an oder RTL steht mit der Kamera vor der Tür und hat Fragen zur aktuellen Situation. Diese Fragen muss ich beantworten, schnell, spontan, oft ohne Vorbereitung - ja, deshalb bin ich selbstverständlich besser informiert als die meisten Kreisräte, weil ich mich täglich mit nichts anderem beschäftige“, so Kempf. Und weiter: „Es ist Aufgabe der Pressestelle, die gesamte Bevölkerung mit den wichtigsten Informationen zu versorgen – nicht einzelne Parteien oder Fraktionen. Dies leisten wir nonstop, über Presse und Rundfunk, über soziale Medien und Handy-Apps. Auch jeder Kreisrat kann diese Informationen nutzen und abrufen. Es gehört aber auch zu unserem Job, mediale und öffentliche Ablenkungen von unseren mit der Pandemiebekämpfung beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst fern zu halten und diese abzufangen. Dazu gehören die häufig sinnfreien Anfragen und Vorschläge von Querdenkern aber auch von notorischen Besserwissern ebenso wie völlig unberechtigte Kritik an der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen. Bei mir haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl aus dem Bereich Kontaktermittlung als auch aus dem Impfzentrum gemeldet, die mir aufgebracht erzählten, wie wütend sie über diesen Artikel sind. Wir alle arbeiten am Limit, und es würde mich nicht wundern, wenn der eine oder andere überlegt, nach so einer Kritik einfach hinzuwerfen und zu sagen: ‚Dann macht es doch selbst‘!“
Fahmüller: „Das überschreitet eine Grenze, die nicht überschritten werden darf!“
Landrat Michael Fahmüller betont nochmals: „Auch wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zumindest größtenteils, in der Pressemitteilung der Grünen nicht direkt angegriffen werden, so wird doch deutlich der Eindruck vermittelt, sie hätten die letzten eineinhalb Jahre schlechte Arbeit geleistet – das ist nicht fair, das ist nicht tragbar, das ist auf Deutsch gesagt eine riesige Sauerei, und das lasse ich so nicht stehen. Dieser mediale Kleinkrieg, den die Grünen gemeinsam mit einigen anderen meinen, ausgerechnet in dieser Krisensituation gegen mich führen zu müssen, ist das eine. Aber die Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür schlecht zu reden und diese dadurch zusätzlich zur schwierigen Gesamtsituation durch die immense Arbeitsbelastung zu demotivieren, damit überschreiten die Grünen eine Grenze, die gewählte Volksvertreter nicht überschreiten dürfen. Ich fordere die Fraktion der Grünen nochmals auf, ihr Handeln zu überdenken und sich dafür bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes und des Impfzentrums zu entschuldigen!“